Das Linienintegral: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 8. Oktober 2012, 11:31 Uhr
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Inhaltsverzeichnis
Das Linienintegral einer skalaren Größe
Das Linien- oder Kurvenintegral beschreibt eine Integration entlang einer (gerichteten) Kontur , z. B. von einem Anfangspunkt bis zu einem Endpunkt . Dabei gibt es nur eine Integrationsvariable. Bei einer Integration entlang der -Achse ist das zugehörige Differential beispielsweise durch gegeben. Handelt es sich bei dem Integrationsweg um eine geschlossene Kontur, d. h. der Anfangs- und Endpunkt fallen zusammen , wird das Linienintegral als Ring- oder Umlaufintegral bezeichnet und das Integralzeichen wird mit einem Ring dargestellt.
Das Linienintegral wird benötigt, wenn eine (ggf. vektorielle) Funktion von mehreren Variablen abhängt und entlang einer (im Allgemeinen nicht geradlinigen) Kontur zu integrieren ist. Dies ist zum Beispiel beim Durchflutungsgesetz (vgl. Erweiterung der Integralrechnung:Übersicht) der Fall. Prinzipiell handelt es sich um eine Erweiterung der Integralrechnung mit einer skalaren Funktion und nur einer Integrationsvariablen.
Zur Herleitung des Linienintegrals wird exemplarisch eine von zwei Variablen abhängige Funktion betrachtet, die entlang einer Kurve zwischen den Punkten und integriert werden soll (siehe Abbildung). Hierzu wird die Kontur zunächst in Teilstücke zerlegt. Dabei wird die Länge des -ten Teilstücks mit bezeichnet. Auf einem solchen -ten Teilstück kann der jeweilige Funktionswert als näherungsweise konstant angenommen werden. Dadurch lässt sich ein Näherungswert für das Linienintegral dadurch angeben, dass die Produkte der Funktionswerte und den Längen der Teilstücke aufsummiert werden:
Es wurde bereits beschrieben, dass die Funktionswerte auf den Teilstücken als näherungsweise konstant angenommen werden können. Die Näherung ist dabei umso genauer, je kleiner die Teilstücke gewählt werden. Daher wird zu infinitesimal kleinen Teilstücken () übergangen, von denen es dann unendlich viele gibt (). Auf diese Weise erhält man das entsprechende Linienintegral:
Für eine möglichst einfache Lösung der Integrale bietet sich die Verwendung eines auf den jeweiligen Anwendungsfall „zugeschnittenen“ Koordinatensystems an.
Beispiel: Berechnung der Gesamtladung einer Linienladung
In diesem Beispiel werden verschiedene Fälle einer gegebenen Linienladung betrachtet. Bei einer Linienladung handelt es sich um eine Ladungsanordnung entlang einer Kontur. Dabei gibt die Linienladungsdichte die Ladungsmenge pro Streckenabschnitt an. Um die gesamte Ladung entlang einer Kontur berechnen zu können, muss die Linienladungsdichte entlang der jeweiligen Kontur integriert werden: Fall 1: Konstante und geradlinig angeordnete Linienladung Bei einer konstanten und entlang der -Achse geradlinig angeordneten Linienladung berechnet sich die Gesamtladung mit (vgl. Wegelemente) wie folgt: Aufgrund der konstanten Linienladungsdichte kann die Gesamtladung folglich auch sofort ohne die Integration angegeben werden. Fall 2: Ortsabhängige und geradlinig angeordnete Linienladung Handelt es sich bei der Linienladungsdichte um eine ortsabhängige Größe, so kann das Ergebnis nicht einfach durch die Multiplikation dieser Größe mit der Strecke angegeben werden. Betrachtet wird zum Beispiel eine linear zunehmende Linienladungsdichte: Dabei ist eine Konstante mit der Einheit (ansonsten hätte keine zu einer Linienladungsdichte passende Einheit ). Die Linienladungsdichte wird also entlang der -Achse größer. Setzt man diese ortsabhängige Linienladungsdichte in das Integral ein, so folgt: Fall 3: Konstante und krummlinig angeordnete Linienladung In diesem Fall wird eine Linienladung in Form eines Viertelkreisbogens betrachtet. Da die Linienladungsdichte wieder konstant ist, muss diese zur Bestimmung der Gesamtladung lediglich mit der Länge dieses Viertelkreisbogens multipliziert werden. Dazu ist ein Übergang zu den Zylinderkoordinaten zweckmäßig. Mit (vgl. Wegelemente) folgt: Das verwendete Integral dient der Anschauung, alternativ kann die Länge des Viertelkreisbogens auch direkt als ein Viertel des Kreisumfangs angegeben werden. |
Das Linienintegral einer vektoriellen Größe
Linienintegrale treten häufig auch in vektorieller Form auf. Dabei ist eine vektorielle Funktion, z. B. , entlang einer ebenfalls gerichteten Kontur mit den Wegelementen zu integrieren. Im Vergleich zum skalarwertigen Linienintegral ist also zusätzlich das Skalarprodukt für jedes Wegelement zu bestimmen. Aufgrund der Projektionseigenschaft das Skalarprodukts wird nur die jeweils tangential zum Wegelement verlaufende Kompotente des Vektors integriert. Für die weitere Herleitung wird ansonsten wie im skalarwertigen Fall verfahren.
Die Kontur wird nun in vektorielle Teilstücke zerlegt, wobei das -te Teilelement mit bezeichnet wird. Auf einem solchen -ten Teilstück kann der jeweilige Funktionswert als näherungsweise konstant angenommen werden. Damit gilt für das Skalarprodukt bezogen auf das -te Teilstück:
Damit folgt für das Linienintegral:
Für eine möglichst einfache Lösung der Integrale bietet sich auch hier die Verwendung eines auf den jeweiligen Anwendungsfall „zugeschnittenen“ Koordinatensystems an.
In der Lehrveranstaltung können derartige Integralberechnungen in der Regel auf zwei Spezialfälle reduziert werden.
Fall 1: Beide Vektoren verlaufen parallel (): In diesem Fall liefert das Skalarprodukt der zugehörigen Vektoren den Wert Eins. Damit wird das Integral wieder skalarwertig.
Fall 2: Beide Vektoren stehen senkrecht aufeinander (): In diesem Fall liefert das Skalarprodukt der zugehörigen Vektoren den Wert Null und das Integral verschwindet.
Beispiel: Spannung im elektrischen Feld
Ein häufiger Anwendungsfall des Linienintegrals ergibt sich bei der Bestimmung der Spannung in einem elektrischen Feld. In diesem Beispiel wird die ortsunabhängige elektrische Feldstärke betrachtet. Diese wird nun entsprechend der in der Abbildung eingezeichneten geschlossenen Kontur integriert: Um dieses Integral zu lösen, können vier Fälle unterschieden werden: Das Integral kann in diese vier Bereiche geteilt und das jeweilige Skalarprodukt ausgewertet werden: Daraus folgt: Aufgrund der eingeschlossenen rechten Winkel verbleibt: Da hier die Strecken zwischen und sowie und betragsmäßig gleich sind, folgt aus dieser Betrachtung: Dies ist eine wichtige Erkenntnis im elektrostatischen Feld: Das Ringintegral ergibt hier immer Null. |
Beispiel: Rollende Kugel in einer Laufrinne
In diesem mechanischen Beispiel ist die Arbeit gesucht, die an einer Kugel verichtet wird, welche infolge einer Kraft eine Laufrinne hinunterrollt: Die Laufrinne ist halbkreisförmig und beginnt am Anfangspunkt und endet am Endpunkt . Dabei wirkt eine ortsunabhängige (konstante) Kraft in Richtung der Verbindungslinie der beiden Punkte (siehe Abbildung). Der Bewegungsvorgang der Kugel lässt sich am einfachsten in Zylinderkoordinaten mit dem Koordinatenursprung im Mittelpunkt des Kreises beschrieben. Dabei bewegt sich die Kugel in Richtung wachsender -Werte auf einem Halbkreis mit konstantem Radius . Die vorgegebene Kraft lässt sich am einfachsten in kartesischen Koordinaten beschreiben: Mit folgt also zunächst: Wandelt man nun noch den Einheitsvektor in Zylinderkoordinaten um (vgl. Formelsammlung Koordinatensysteme), so folgt: |
Multimediale Lehrmaterialien
http://www.dangries.com/Flash/IntegralSketch/IntegralSketch.html Applet zum Verständnis von Integralen http://mathdl.maa.org/images/upload_library/4/vol4/kaskosz/antapp.html Applet: verschiedener Kurvenbeispiele und ihre Integrale (engl.) |
Hilfreiche Links
http://www.geogebra.org/de/upload/files/dynamische_arbeitsblaetter/lwolf/integralfkt/integralfkt1.html Interaktives Arbeitsblatt zur Integration http://web.mit.edu/8.02t/www/materials/modules/ReviewB.pdf Bebilderte Erklärung zu Kartesischen-, Kugel-, und Zylinderkoordinatensystemen und deren infinitesimalen Elementen (engl.) |
Literatur
- Manfred Albach, Grundlagen der Elektrotechnik 1: Erfahrungssätze, Bauelemente, Gleichstromschaltungen, 3. Auflage (Pearson Studium, 2011)
- Kurt Meyberg und Peter Vachenauer, Höhere Mathematik 1: Differential- und Integralrechnung. Vektor- und Matrizenrechnung, 6. Auflage (Springer Berlin Heidelberg, 2001)
- Wolfgang Pavel und Ralf Winkler, Mathematik für Naturwissenschaftler, 1. Auflage (Pearson Studium, 2007)
- Dr. Thomas Hempel, Mathematische Grundlagen, Linienintegral, Vorlesungsskript, Universität Magdeburg, 2010
- TU Freiberg, Parameter- und Kurvenintegrale, Script, 2010