Test:Getb:Die Bauelemente Kondensator und Spule

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In der Elektrotechnik wird zwischen drei fundamentalen passiven Bauelementen unterschieden: Widerstand, Kondensator und Spule. Da der Widerstand keine Energie speichert, ist er sehr einfach zu verstehen. Die Eigenschaften von Kondensator und Spule sind etwas komplexer. Durch einige Analogien zwischen beiden Elementen kann das Verständnis allerdings erleichtert werden.

Eigenschaften des Kondensators und der Spule

Bauteilbezeichnung: Kondensator Spule
Eigenschaft Kapazität Induktivität
Einheit Farad ( \textstyle F = \frac{As}{V} ) Henry ( \textstyle H = \frac{Vs}{A} )
Bauteilgleichung  i_C = C \cdot \dot u_C  u_L = L \cdot \dot i_L
Innere ("gespeicherte") Energie  \textstyle w_C(t) = \frac{1}{2} \cdot C \cdot u_{C}^2(t)  \textstyle w_L(t) = \frac{1}{2} \cdot L \cdot i_{L}^2(t)
Leistung  \textstyle \dot w_C(t) = \frac{1}{2} \cdot C \cdot \dot u_{C}^2(t)  \textstyle \dot w_L(t) = \frac{1}{2} \cdot L \cdot \dot i_{L}^2(t)
Art der Energiespeicherung Ladung (proportional zur Spannung) Magnetisches Feld (proportional zum Strom)
Impedanz / Komplexer Widerstand  \textstyle \underline{Z_C} = \frac{1}{j \cdot \omega \cdot C}  \textstyle \underline{Z_L} = j \cdot \omega \cdot L
Frequenzverhalten Impedanz Hohe Impedanz bei niedrigen Frequenzen
Niedrige Impedanz bei hohen Frequenzen
Niedrige Impedanz bei niedrigen Frequenzen
Hohe Impedanzen bei hohen Frequenzen

Verhalten der beiden Bauteile

Um das Verständnis des Kondensators (kapazitives Verhalten) und der Spule (induktives Verhalten) zu schulen, werden im Folgenden einige Fälle mit konstanten Strömen und Spannungen betrachtet. Insbesondere werden auch „verbotene“ Fälle betrachtet, die mathematisch nicht möglich sind bzw. in der Praxis zu einer Beschädigung der Schaltung führen würden.

Kondensator Spule
Konstanter Strom: Konstante Spannung:
Kondensator an einer Stromquelle

Zu Beginn sei der Kondensator nicht geladen ( u_C = 0 ). Der Schalter wird zum Zeitpunkt  t = t_0 von Pos. 1 auf Pos. 2 umgelegt. Durch den Kondensator fließt jetzt der konstante Strom  i_C = I_0 . Eingesetzt in die Zweipolgleichung folgt:

 I_0 = C \cdot \dot u_C \Leftrightarrow \dot u_C = \frac{I_0}{C}

Ab dem Zeitpunkt  t_0 steigt die Kondensatorspannung  u_C also konstant mit der Spannung  \textstyle \frac{I_0}{C} an.

Verlauf der Kondensatorspannung
Spule an einer Spannungsquelle

Zu Beginn sei keine innere Energie in der Spule gespeichert ( i_L = 0). Zum Zeitpunkt  t= t_0 wird der Schalter geschlossen. An der Spule liegt dann die konstante Spannung  u_L = U_0 an. Eingesetzt in die Zweipolgleichung folgt:

 U_0 = L \cdot \dot i_L \Leftrightarrow \dot i_L = \frac{U_0}{L}

Ab dem Zeitpunkt  t_0 steigt der Spulenstrom  i_L also konstant mit der Steigung  \textstyle \frac{U_0}{L} an.

Verlauf des Spulenstroms
Anlegen einer konstanten Spannung  U_0 \neq u_C ("verboten"): Konstanter Stromfluss  I_0 \neq i_L ("verboten"):
Kondensator an einer Spannungsquelle

Sollte der Kondensator mit einer Spannung  u_c \neq U_0 geladen sein, darf die konstante Spannung U_0 nicht an den Kondensator angelegt werden. Zum Zeitpunkt t_0, in dem der Schalter S geschlossen wird, ändert sich die Kondensatorspannung sprunghaft auf U_0. Das ist mathematisch gesehen ein Problem, da für die Sprungfunktion keine Ableitung existiert – im Zeitpunkt t_0 geht die Ableitung der Spannung nach der Zeit, und damit auch der Strom i_C, gegen unendlich. Aber auch physikalisch tritt ein Problem auf, da sich in diesem Moment die im Kondensator gespeicherte Energie  \textstyle w_C = \frac{1}{2} \cdot C \cdot u_{C}^2 sprunghaft ändern würde. Der Verlauf einer gespeicherten Energie ist aber immer stetig! In der Praxis ist es nicht möglich, einen idealen sprunghaften Anstieg der Spannung zu erreichen. Trotzdem würde sich die Kondensatorspannung u_C in einer sehr kurzen Zeit sehr stark ändern. Anhand der Zweipolgleichung ist dann ersichtlich, dass der Strom i_C sehr groß wird und die Bauteile zerstören kann. Aus diesen Gründen ist der Fall "verboten"!

Theoretischer Spannungs- und Stromverlauf
Spule an einer Stromquelle

Sollte durch die Spule ein Strom i_L \neq I_0 fließen, darf der Schalter S nicht geöffnet werden. Zum Zeitpunkt des Umschaltens t_0 ändert sich der Spulenstrom sprunghaft auf I_0. Das ist mathematisch ein Problem, da für die Sprungfunktion keine Ableitung existiert – im Zeitpunkt t_0 geht die zeitliche Ableitung des Stroms, und damit auch die Spannung u_L, gegen unendlich. Aber auch physikalisch tritt ein Problem auf, da sich in diesem Moment die in der Spule gespeicherte Energie  \textstyle w_L = \frac{1}{2} \cdot L \cdot i_{L}^2 sprunghaft ändern würde. Der Verlauf der gespeicherten Energie ist aber immer stetig! In der Praxis ist ein idealer Sprung des Stroms nicht zu erreichen, da dazu eine unendlich hohe Spannung – und somit eine unendlich hohe Leistung – erforderlich wäre. Trotzdem würde sich der Spulenstrom i_L in einer sehr kurzen Zeit sehr stark ändern. Anhand der Zweipolgleichung ist dann ersichtlich, dass die Spannung u_L sehr groß wird und die Bauteile zerstören kann. Aus diesen Gründen ist der Fall "verboten"!

Theoretischer Spannungs- und Stromverlauf
Spezialfall  U_0 = 0 :

Abruptes Kurzschließen ("verboten")

Spezialfall  I_0 = 0 :

Abruptes Abschalten ("verboten")

Kurzschluss des Kondensators

Das Schließen des Schalters führt zu einem Kurzschluss am Kondensator. Wenn der Kondensator vorher geladen war, also u_C \neq 0 galt, wird die Spannung durch den Kurzschluss sprunghaft auf 0 abfallen. Die sprunghafte Änderung der Kondensatorspannung ist unzulässig, da dadurch ein sehr hoher Strom fließen würde. Ein geladener Kondensator darf also nicht kurzgeschlossen werden. Genaugenommen ist dies ein Spezialfall von "Anlegen einer konstanten Spannung  U_0 \neq u_C " mit U_0=0. Dortige Erläuterungen gelten also auch hier.

Unterbrechung des Spulenstroms

Das Öffnen des Schalters unterbricht den Stromkreis. Wenn in der Spule vorher eine innere Energie gespeichert war, also i_L \neq 0 galt, wird durch die Unterbrechung der Strom sprunghaft auf 0 gesetzt. Die sprunghafte Änderung des Spulenstroms ist unzulässig, da dadurch eine betragsmäßig sehr hohe Spannung u_L an der Spule induziert wird, die eine potenzielle Zerstörung der Bauteile zur Folge hat. Bei einer Spule, in der Energie gespeichert ist, darf der Stromkreis nicht unterbrochen werden.

Anmerkung: Mit der Schaltung aus dem Fall „konstante Spannung“ ist es problemlos möglich, Energie in der Spule zu speichern. Ein kontrolliertes Absenken des Stroms ist in der Schaltung aber nicht vorgesehen, denn der Schalter darf nach der Betätigung nicht wieder geöffnet werden.

Durch Gegenüberstellen der Fälle wird deutlich, dass die Größen Spannung und Strom an den Bauteilen Kondensator (kapazitives Verhalten) und Spule (induktives Verhalten) genau entgegengesetzte Rollen einnehmen.

An einem Kondensator darf und kann sich die Spannung nicht sprunghaft ändern, an einer Spule darf und kann sich der Strom nicht sprunghaft ändern.