Getb:Differenzialgleichungen bei elektrischen Netzwerken

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Beschreibung von elektrischen Netzwerken durch Differenzialgleichungen

Das Verhalten von reinen Widerstandsnetzwerken kann durch „normale“ Gleichungen beschrieben werden. Dies liegt daran, dass die Zweipolgleichung eines Widerstandes  \textstyle R = \frac{u}{i} auch eine ganz normale Gleichung ist. Die entsprechenden Größen (Strom und Spannung) kommen immer nur mit ihrem aktuellen Wert in der Bauteilgleichung vor, der zurückliegende Verlauf („die Vorgeschichte“) spielt für die Momentanwerte keine Rolle. Deshalb kommen keine Änderungsraten bzw. Ableitungen in der Bauteilgleichung vor. Dies ist bei kapazitiven und induktiven Bauelementen nicht mehr der Fall.

Hinweis zur Notation: In physikalischen Anwendungen ist es üblich, für die zeitliche Ableitung  \dot y statt  y'(t) zu schreiben. Analog wird für die zweite Ableitung statt  y''(t) auch  \ddot y geschrieben.

Bei Kondensatoren (kapazitive Eigenschaft) und Spulen (induktive Eigenschaft) ist jeweils der Strom oder die Spannung mit der Ableitung, also der Änderungsrate, der jeweils anderen Größe verknüpft. Bei einem Kondensator hängt die zeitliche Änderungsrate der Spannung von dem Strom durch den Kondensator ab, bei einer Spule hängt die zeitliche Änderungsrate des Stroms von der Spannung an der Spule ab. Anders ausgedrückt ist bei einem Kondensator nur die momentane zeitliche Änderung der Spannung durch den Momentanwert des Stroms gegeben, bei der Spule nur die momentane zeitliche Änderung des Stroms durch den Momentanwert der Spannung. Die absoluten Werte der Spannung eines Kondensators und der Strom einer Spule hängen nicht nur von den Momentanwerten der jeweils anderen Größe, sondern auch von der „Vorgeschichte“ ab. Dieser Zusammenhang wird auch in den entsprechenden Zweipolgleichungen ersichtlich:

Kondensator:  i_C = C \cdot \dot u_C

Spule:  u_L = L \cdot \dot i_l

Man stellt fest, dass diese Zweipolgleichungen selbst schon einfache Differenzialgleichungen sind. In beiden Fällen kommt nur die erste Ableitung einer Funktion vor, nicht aber die Funktion selbst. Die Bauteilgleichung des Kondensators ist bezogen auf die Spannung eine Differenzialgleichung 1. Ordnung, und die Bauteilgleichung der Spule ist bezogen auf den Strom eine Differenzialgleichung 1. Ordnung. Aus diesem Grund treten bei bei der Analyse und der mathematischen Beschreibung von Netzwerken, die Kondensatoren und/oder Spulen enthalten, Differenzialgleichungen auf.

Aufstellen der Differenzialgleichungen eines Netzwerks

Um die Differenzialgleichung eines Netzwerks aufzustellen, müssen die Bauteilgleichungen, sowie Maschengleichungen und Knotengleichungen ausgewertet werden. Durch geschicktes Umformen und Einsetzen erhält man dann eine Differenzialgleichung, die eine Größe des Netzwerks beschreibt. Aus dieser, nach Lösung der DGL bekannten Größe, lassen sich danach weitere Größen des Netzwerks bestimmen.

Die Bauteilgleichungen für die elementaren Bauteile lauten:

Ohmscher Widerstand:  u_R = R \cdot i_r

Kondensator:  i_C = C \cdot \dot u_C

Spule:  u_L = L \cdot \dot i_L

RL- und RC-Glieder

Bei RL-Gliedern beschreibt die aufgestellte Differenzialgleichung den Verlauf des Spulenstroms, bei RC-Gliedern beschreibt die aufgestellte DGL den Verlauf der Kondensatorspannung. Beide Größen geben jeweils die im Kondensator oder in der Spule gespeicherte Energie an und werden deshalb auch als Zustandsgrößen des Systems bezeichnet. Bei dieser Art von Netzwerken ergeben sich lineare Differenzialgleichungen erster Ordnung. Die DGL erhält man durch einfaches Umstellen der Zweipolgleichungen und Einsetzen in eine Maschen-, bzw. Knotengleichung:

  1. Finden eines Zusammenhangs zwischen den Größen, die an beiden Bauteilen (R und C, bzw. R und L) unterschiedlich sind. Bei einer Parallelschaltung ist dieser Zusammenhang typischerweise durch die Knotengleichung und bei einer Reihenschaltung durch die Maschengleichung gegeben.
  2. Einsetzen der Zweipolgleichungen in die Knoten-, bzw. Maschengleichung. Möglicherweise müssen die Zweipolgleichung hierfür noch umgestellt werden.

RLC-Schwingkreise

Bei Netzwerken, die sowohl Kondensatoren als auch Spulen enthalten, ist das Aufstellen der Differenzialgleichung etwas schwieriger. Die Differenzialgleichung kann hier entweder bezüglich der Spannung am Kondensator oder des Stroms durch die Spule aufgestellt werden.

  1. Bei einer Reihenschaltung von den Zweipolen R, L und C bietet es sich wieder an, zuerst die Maschengleichung aufzustellen, bei einer Parallelschaltung entsprechend die Knotengleichung.
  2. Das weitere Vorgehen hängt von der gesuchten Größe ab. Folgende Vorgehensweisen sind im Hinblick auf die meisten Aufgaben in GET-B zielführend:
Gesucht: Reihenschaltung Parallelschaltung
Spulenstrom Die gesamte Maschengleichung ableiten, und dann die Bauteilgleichung einsetzen. Bauteilgleichung mehrmals in Knotengleichung einsetzen und ausnutzen, dass die Spannung an allen Elementen gleich ist.
Kondensatorspannung Bauteilgleichungen mehrmals in die Maschengleichung einsetzen und ausnutzen, dass die Ströme durch alle Elemente gleich sind. Die gesamte Knotengleichung ableiten, und dann die Bauteilgleichungen einsetzen.