Getb:Beispiel für eine DGL 2. Ordnung: Ein RLC-Schwingkreis
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Zum Zeitpunk wird der Schalter S der nebenstehenden Schaltung geöffnet. Ziel ist es, den Strom für zu bestimmen.
Inhaltsverzeichnis
Aufstellen der Differenzialgleichung
Als Vorbereitung können zuerst die Bauteilgleichungen ausgewertet werden:
Des Weiteren gilt die Maschengleichung . Da in der Bauteilgleichung nur in der ersten Ableitung vorkommt, ist es vorteilhaft, die Zeitableitung der Maschengleichung zu bilden, und dort alle drei Bauteilgleichungen direkt einzusetzen. Dazu müssen noch die Bauteilgleichung des Widerstands und der Spule abgeleitet werden:
Nun muss noch der Strom durch den Strom ausgedrückt werden. Dies geschieht mit Hilfe der Knotengleichung :
Es wurde also eine Differenzialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten gefunden. Teilt man die Gleichung durch , erhält man allgemeine Form einer linearen DGL 2. Ordnung. Diese Gleichung beschreibt nicht unmittelbar den Verlauf des Stroms , sondern nur den Zusammenhang zwischen dem momentanen Wert , seinen zeitlichen Ableitungen, sowie den gegebenen Bauteilparametern , , und dem Quellstrom . Um den zeitlichen Verlauf des Stroms zu bestimmen, ist eine Lösung der DGL erforderlich.
Lösung der homogenen DGL
Die zur schaltung dazugehörige homogene DGL lautet:
Teilen durch liefert folgende Form:
Nun werden einige wichtige Abkürzungen eingeführt:
- Kennkreisfrequenz:
- Kennwiderstand:
- Dämpfung:
Damit lässt sich die homogene DGL kompakter darstellen:
Der Exponentialansatz lautet:
Es ist zu beachten, dass die möglicherweise komplexe Exponentialfunktion einheitenlos ist, und für die komplexe Konstante (sowohl Real- als auch Imaginärteil) gilt, da für die Einheit des Spulenstroms gelten muss.
Einsetzen des Ansatzes liefert die charakteristische Gleichung:
Die Koeffizienten der charakteristischen Gleichung sind also identisch mit den Koeffizienten der homogenen DGL, wenn diese von der normalisierten Form einer linearen DGL ist. Die Lösung der charakteristischen Gleichung ergibt die Eigenwerte:
Dies führt zu den drei verschiedenen Lösungsfällen:
- (starke Dämpfung) zwei verschiedene, reelle Eigenwerte
- (aperiodischer Grenzfall) zwei gleiche, reelle Eigenwerte
- (schwache Dämpfung) zwei zueinander konjugiert komplexe Eigenwerte
Fall 1 (aperiodischer Fall):
Mit gilt für die Eigenwerte:
Damit ergibt sich die allgemeine Lösung:
Da die e-Funktion einheitenlos ist, gilt hier für die Einheiten der Konstanten: und .
Fall 2 (aperiodischer Grenzfall):
Mit gilt für die gleichen, reellen Eigenwerte:
Damit ergibt sich die allgemeine Lösung:
Die e-Funktion ist einheitenlos und die Einheit der Zeit ist Sekunde. Deshalb muss für die Einheiten der Konstanten gelten: und . Aufgrund der Multiplikation der zweiten Lösung mit der Zeit haben die Konstanten hier unterschiedliche Einheiten. Dies ist notwendig, da für den Spulenstrom gelten muss.
Fall 3 (Schwingfall):
Mit gilt für die Eigenwerte:
Mit und der Eigenkreisfrequenz .
Damit ergibt sich für die allgemeine Lösung:
Die e-Funktion, der Kosinus und auch der Sinus sind einheitenlose Funktionen. Deshalb muss hier für die Einheiten der Konstanten gelten: und .
Lösung der inhomogenen DGL
Gesucht wird eine partikuläre Lösung der inhomogenen DGL
Es liegen konstante Koeffizienten vor, und auch der Ausdruck auf der rechten Seite der Gleichung ist konstant. Es bietet sich also an, für einen konstanten Ausdruck anzunehmen. Man sieht, dass eine partikuläre Lösung der DGL ist. Als allgemeine Lösung für die inhomogene DGL ergibt sich damit:
Dabei ist die Lösung der dazugehörigen homogenen DGL, die aus der vorherigen Fallunterscheidung hervorging.
Anpassung der allgemeinen Lösung an die spezielle Anwendung
Sollte in der oben angegebenen Schaltung der Schalter S für lange genug geschlossen gewesen sein, wird in der Spule und in dem Kondensator keine Energie mehr gespeichert sein. Daraus ergeben sich die Anfangsbedingungen
und
Die Bedingung ist eine Anfangsbedingung für den Spulenstrom .
Die Bedingung erfordert dagegen eine weitere Betrachtung, um eine Anfangsbedingung für die zeitliche Ableitung des Spulenstroms zu erhalten. Unter Ausnutzung der Maschengleichung ergibt sich:
wobei ausgenutzt wurde. Umgestellt auf die erste Ableitung des Stroms ergibt sich die Anfangsbedingung:
Damit wurden beide Anfangsbedingungen bestimmt:
Die beiden Anfangsbedingungen können nun in die allgemeine Lösung für den Spulenstrom , bzw. in dessen Ableitung, eingesetzt werden, um die beiden Konstanten und zu bestimmen.